Vierhändige Klaviermusik zum Abschluss
Florian Koltun und Xin Wang beenden den Stolberger Musiksommer mit fesselnden Darbietungen berühmter Werke
STOLBERG Das Abschlusskonzert des Stolberger Musiksommers bestritten Kooperationspartner Florian Koltun und seine Ehefrau Xin Wang mit Klaviermusik zu vier Händen. Die fesselnden Darbietungen berühmter Werke verlangte nach Virtuosen, dem die beiden sensiblen Künstler voll gerecht wurden. Mit anmutig graziösem und zugleich kraftvollem Anschlag ließen sie die Melodien in den Saal perlen und zeigten ein gekonntes Wechsel- und Zusammenspiel. Und auch die Moderation von Florian Koltun kam beim Publikum sehr gut an.
Mozarts Erfindung
Vierhändige Klaviermusik war noch eine junge Gattung mit nur wenigen Werken zur Zeit Wolfgang Amadeus Mozarts. Sie standen nicht auf dem Programm für den Konzertbetrieb, sondern waren eher im privaten Bereich zu finden. Mozart, der mit seiner Schwester stets zusammen vierhändig musiziert hatte, erfand die Gattung der vierhändigen Klaviersonate für sich und Nannerl.
Was für die beiden ein großer Spaß war, machte auch beim Publikum im Kulturzentrum Frankental ungeheuren Eindruck. Es war daher selbstverständlich, dass das Duo das Konzert mit der „Sonate in C-Dur“ (KV 521), einem Spätwerk des Salzburger Komponisten, eröffnete. Glanzvoll präsentiert sich der erste Satz. Dagegen bricht die idyllische Stimmung im zweiten Satz dramatisch auf, wird aber am Ende zur himmlischen Schönheit. Anleihen der Romantik werden sichtbar, denn der Komponist hat das Seelische auf das Klavier übertragen. Vom Wiener Salon ging es in den französischen, wo die Stimmung ähnlich war.
Die vier Sätze „En bateau“, „Cortège“, „Menuet“ und „Ballet“ sind verschiedene Charaktertänze, die zu einer „Petite Suite“ von Claude Debussy zusammengefasst wurden und das Freizeitvergnügen der Pariser widerspiegeln, wie sie die Impressionisten in ihren Bildern festhielten. Los geht es im Boot über dem sanften Wellenschlag des Flusses. Der zweite und dritte Satz lenken den Blick in die Vergangenheit der galanten Hoffeste, während man mit dem Ballet zur Gegenwart und ihren Walzern zurückkehrt. Die einzelnen Sätze sind nicht so klar wie bei Mozart, eher neblig und gleiten den Zuhörer in die Malerei hinein. Das Werk schwebt förmlich im Raum und die Harmonik vermischt sich mit festlich glänzender Rhythmik und elastischem Schwung.
Nach einer kleinen Pause ging es mit der Bearbeitung einer Opernmusik weiter, wobei die Klavierfassung der Ouvertüre aus dem „Barbier von Sevilla“ von Rossini durch Arnold Schönberg weitere Aufmerksamkeit versprühte. Die Künstler waren hier ganz in ihrem Element und interpretierten das Werk elegant, witzig und voller Wohlklang. Die „Fantasie f-Moll“ in vier Sätzen von Franz Schubert gehört zu den bedeutendsten Kompositionen für zwei Klavierspieler und zu Schuberts wichtigsten Klavierkompositionen überhaupt. Sie porträtiert das Leben des Komponisten in seinem letzten Lebensjahr.
Von tiefer Resignation durchzogen
Die vier Sätze sind thematisch miteinander verbunden und von tiefer Resignation durchzogen. Vom ersten Ton an machen sich tiefe Trauer, unversöhnlicher Schmerz und Einsamkeit breit. Im bedächtigen Largo sucht Schubert nach Antworten, wobei die Melodie eine unvergleichlich harmonische Tiefe gewinnt. Die Bedrücktheit überspielt er im dritten tänzerischen Satz scherzhaft, und die Interpreten hatten alle Hände voll zu tun. Im letzten Satz, der Fuge, erscheint das Anfangsthema wieder, aber anders, eher schwarz und tragisch. Die begeisterten Zuhörer bedankten sich enthusiastisch. Um sie nicht „depressiv“ nach Hause zu entlassen, spielte das Ehepaar Koltun noch ein fröhlicheres Stück von Mozart.
Mit freundlicher Genehmigung aus den Stolberger Nachrichten vom 15. November 2019