Bissige Gesellschaftskritik vom Feinsten
Klavierkabarettist Felix Janosa startet eine satirische Reise durch 75 Jahre „deutsch amerikanische Freundschaft“
STOLBERG Was Felix Janosa in zwei Stunden jetzt im Rittersaal von sich gab, war Gesellschaftskritik vom Feinsten. Die Freunde des schwarzen Humors kamen voll auf ihre Kosten, denn seine satirische Reise durch 75 Jahre „deutsch-amerikanische Freundschaft“ war kurzweilig, boshaft und bissig.
Im aktuellen Programm „A bit too radical“ zeigte der in Gressenich lebende Janosa die hohe Kunst des Klavierkabaretts und begeisterte mit den bösen Liedern des amerikanischen Mathematikers und Songwriters Tom Lehrer ein kleines Publikum im Rittersaal, das ihn euphorisch feierte. Lehrers musikalisches Werk umfasst mehr als 40 Titel, die Janosa ins Deutsche übertragen hat, und die kulturell und intellektuell bedeutend sind.
Meist lächelnd, immer beißend
Wenn Deutschland und die Vereinigten Staaten von Amerika in vielen Punkten unterschiedlich sind, so sind sie doch einig, was die herrschenden Verhältnisse betrifft. Da passte das Frühlingslied, in dem die Sonne scheint und jeder hinaus ins Grüne geht, um die Tauben, eine Metapher für den Tod und die selbst ernannte Herrenrasse, zu vergiften. Meist lächelnd, aber immer beißend übte Janosa Kritik an Personen und Ereignissen der 1950er und 1960er Jahre bis in die Neuzeit.
Die Texte sprachen vom Zusammenbruch Deutschlands im 2. Weltkrieg, dem Kalten Krieg sowie dem raschen Aufbau der Bundesrepublik Deutschland mit all ihren neuen Freiheiten.
1945 erreichte Deutschland die Stunde Null, und der „Trizonesien-Song“ übernahm teilweise die Funktion einer fehlenden deutschen Nationalhymne. Weitere Vorschläge für die deutsche Hymne bot Janosa im Stil von George Gershwin, von Leonard Bernstein oder als Rock’n’Roll à là Elvis Presley.
Andere auch heute wieder aktuelle Themen wie US-Regierung, Rassismus, Verschmutzung und atomare Aufrüstung hatte der Künstler teuflisch gut verarbeitet und trug sie mitreißend vor. In den 70er Jahren entschied Tom Lehrer sich dazu, die musikalische Karriere an den Nagel zu hängen und wieder Mathematik zu unterrichten. Dennoch ist seine Popularität bis heute ungebrochen.
Plaudern mit dem Publikum
„Was schlecht für die Welt und die Politik ist“, so Janosa, „eignet sich wunderbar für’s Kabarett“ und plauderte zwischen den einzelnen Musiknummern weiter mit dem Publikum. Er war der Ansicht, dass man nicht jeden Blödsinn aus Amerika übernehmen müsse. Dem schloss sich dann der „Masochistentango“ an, in dem Tom Lehrer in den 50er Jahren schon alles hatte kommen sehen.
Zur Woche des ausländischen Mitbürgers erklang „National Brotherhood Week“ und wenn es in Amerika brennen sollte, dann schicken sie die „Marines“. Die gegenwärtige politische Situation unterscheidet sich kaum von der, die schon vor mehr als siebzig Jahren brisant war, und die Mächtigen dieser Welt sorgen wieder dafür, dass die Politik eine heiße, spannende Sache bleibt. Passend dazu war das Lied „Wir gehen alle gemeinsam, wenn es knallt“ von Tom Lehrer aus dem Jahr 1958. Das kabarettistische Feuerwerk endete mit dem „Elementencancan“ und den 99 größten Megahits aller Zeiten in nur 3 1/2 Minuten, wobei Janosa meisterlich Klassik, Rock und andere Musikstile zu einem neuen Erlebnis mischte. (mlo)