„Das nächste Jahr steht noch in den Sternen“
Musiksommer-Geschäftsführer Peter Verhees spricht über die veränderte Konzertreihe 2020 und die ungewisse Zukunft
STOLBERG In diesem Jahr ist vieles anders – auch beim Stolberger Musiksommer. Wegen des Coronavirus gibt es eine „pandemiegerechte Sonderausgabe“. Wie diese aussieht, was Kunst für Peter Verhees bedeutet, und wie die Resonanz auf die veränderte Konzertreihe ist, hat der Geschäftsführer des Stolberger Musiksommers im Interview mit Marie-Luise Otten erläutert.
Herr Verhees, was bedeutet für Sie Kunst?
Peter Verhees: Der Umgang mit Kunst macht den Menschen erst zum Menschen. Sie repräsentiert den Kunstschaffenden, gibt ihm seine Identität und Authentizität. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um die kunstvollen Wandgemälde der Cro-Magnon-Menschen handelt oder um die hochkultivierten Streichquartette eines Ludwig van Beethovens. Ich erinnere an den „erweiterten Kunstbegriff“ von Joseph Beuys, Professor der Kunstakademie Düsseldorf, der hier insbesondere die Kreativität der Menschen im Zusammenwirken mit der Welt und Gesellschaft zusammenfasst. Jeder Mensch ist ein Kunstwerk und bringt Kunst hervor. Die Künstlerinnen und Künstler haben ein für sie lebenswichtiges Bedürfnis, sich über die Kunst mitzuteilen. Wir als Rezipienten profitieren davon.
Was verstehen Sie unter einer „pandemiegerechten Sonderausgabe“?
Verhees: Statt der zu Beginn des Jahres angekündigten zehn Konzerte findet nur die Hälfte statt, und das ausschließlich im August und September. Zwei sind sogar Open-Air-Konzerte in Locations, die genügend Platz bieten, um benötigte Sicherheitsabstände einzuhalten und andere Gefahrenpotenziale zu vermeiden. Unter Einhaltung der geltenden Regeln und der Hygienevorschriften haben wir uns im Corona-Jahr für Solisten, Duos, ein Trio und ein Quartett entschieden.
Der Stolberger Musiksommer hat seine diesjährige Saison mit einem Gartenkonzert in Vicht begonnen. Wie wurde dieses Konzert angenommen?
Verhees: In überwältigender Weise. Wir als Veranstalter sind glücklich, dass Künstler von internationalem Rang in die Voreifel kommen, um uns mit ihren Darbietungen zu verzaubern. Sowohl Saxofonist Andrej Lakisov als auch die Zuhörer waren begeistert vom Ambiente Am Weiherchen 35. Lakisov ist ein Musiker mit beeindruckender Präsenz, dem es keine Mühe machte, den Funken zum Publikum überspringen zu lassen. Sein attraktives Programm reichte von Johann Sebastian Bach über Barry Brockcroft und Jules Demersemann bis hin zu dem Jazzstück „Take Five“ vom Dave Brubeck Quartett, das noch lange nachklang – trotz Gewitter, das während der Zugabe aufzog.
„Wir sind zunehmend auf Unterstützung
angewiesen, da wir bis August keine
Einnahmen hatten und daher mit einem
kleinen Budget
auskommen müssen.“
Peter Verhees,
Musiksommer-Geschäftsführer
Gibt es auch etwas zum Beethoven-Jahr?
Verhees: Unser Kooperationspartner Florian Koltun hat mit seiner Ehefrau erst vergangenen Sonntag im Rittersaal neben Schubert, Debussy und Rossini Beethovens 5. Sinfonie, die sogenannte „Schicksalssinfonie“, vierhändig erklingen lassen. Sie gehört zu seinen berühmtesten Werken und ist eines der populärsten Stücke in der klassischen Musik.
Was schätzen renommierte Künstler wie Andrej Lakisov oder Florian Koltun & Xin Wang an den kleinen Bühnen?
Verhees: Es ist die familiäre Kommunikation, die Wertschätzung und vertrauensvolle Zusammenarbeit, die offene Planung und Transparenz. Sie können sich auf uns verlassen, weil wir das halten, was wir versprechen.
Wie kommen Sie immer an die Künstler?
Verhees: Die Partnerschaft mit der Konzertagentur Florian Koltun gibt uns, dem Stolberger Musiksommer, die Chance, künstlerisch über den „Tellerrand“ zu schauen. Florian Koltun bietet uns Künstler von internationalem Format auf allerhöchstem Niveau, und das für Gagen, die wir auch bezahlen können. Wir sind ja eher ein Kulturanbieter, der einen städteregionalen Auftrag hat und lokalen Musikerinnen und Musikern ein Forum bieten möchte. Da sind wir sehr gut vernetzt.
Wie finanzieren Sie die Konzerte?
Verhees: Über die Eintrittspreise und eine treue Gruppe von Sponsoren. Wir sind aber zunehmend auf Unterstützung angewiesen, da wir bis August keine Einnahmen hatten und daher mit einem kleinen Budget auskommen müssen. Dieses Jahr ist noch alles zu stemmen, wie es nächstes Jahr aussieht, steht noch in den Sternen.
Welche Konzerte finden noch statt?
Verhees: Leider mussten wir das für diesen Sonntag geplante Kinderkonzert mit Felix Janosa aus organisatorischen und technischen Gründen absagen. Es geht am 6. September im Kulturzentrum Frankental mit einem sommerlich-musikalischen Blumenstrauß mit bekannten Stücken aus Filmmusik, Musical, Operette und Tango weiter. Kornelia Barwitzki (Sopran), Lisa Plecikova (Violine) und Gunther Antensteiner (Klavier) laden zu einem unterhaltsamen Abend ein. Auf dem Wiesengrundstück in Vicht wird am 13. September der taiwanesische „Teufelsgeiger“ Po Fan Chen zu hören sein. Und am 27. September freuen wir uns wieder auf Aachens bekannteste Jazzformation, „Die Klangfahrer“, die im Kulturzentrum spielt. Alle Konzerte beginnen übrigens um 17 Uhr.
Steht das Programm für 2021 schon fest?
Verhees: Wir sind fest entschlossen, der Stadt weiterhin attraktive Konzerte mit Herzblut anbieten zu können. Dabei haben wir die Idee, den Künstlern, denen wir in diesem Jahr eine Absage erteilen mussten, 2021 eine Plattform anzubieten.
Was wünschen Sie sich für die Zukunft?
Verhees: Etwas mehr Unterstützung durch die Stadt Stolberg.
KEIN VORVERKAUF
Tickets per Überweisung buchen
In diesem Jahr gibt es keinen Vorverkauf für den Stolberger Musiksommer. Die bereits erstandenen Abos oder Konzertkarten behalten weiter ihre Gültigkeit.
Interessierte sollten möglichst ihr Ticket per Überweisung bestellen, um die Rückverfolgung zu gewährleisten. Die Preise bleiben bei zwölf Euro pro Einzelkarte. Die Bankverbindung ist Sparkasse Aachen DE11 3905 0000 0001 8083 69. Bitte Name des Konzertteilnehmers und des Konzerts angeben. Bei Überbuchungen folgt eine schriftliche Benachrichtigung und die Rücküberweisung des Geldes. Der Zeitpunkt der Einzahlung ist entscheidend für die Konzertteilnahme.
Mit freundlicher Genehmigung aus den Stolberger Nachrichten vom 29. August 2020