Begeisternde Zeitreise mit Oboe und Klavier

Kammermusik-Programm von  Yvonne Schabarum und Johannes Freiburg  im Rahmen des Stolberger Musiksommers. „Mondschein-Sonate“ von Ludwig van Beethoven ein fulminaner Höhepunkt. 18. und 19. Jahrhundert im Blickpunkt

Das Kammermusik-Programm, das von Yvonne Schabarum (Oboe) und Johannes Freiburg (Klavier) jetzt im Rahmen des Stolberger Musiksommers im Rittersaal begeisternd musiziert wurde, versetzte die Zuhörer in die Zeit des 18. und 19. Jahrhunderts. Zu Beginn stand der französisch romantische Benjamin Godard im Blickpunkt. Als Violinist und Komponist arbeitete Godard als Professor am Pariser Conservatoire, wo er auch studiert hatte. Seine Kompositionen waren zu seinen Lebzeiten außerordentlich beliebt und gelten heute als charakteristische Beispiele für die französische Salonmusik des Fin de Siècle. Die Künstler spielten seine „Legende Pastorale“ mit Brillanz und Leidenschaft.
Das viktorianische Zeitalter wurde unter anderem von Thomas Attwood Walmisley geprägt, dessen gehaltvolle Kirchenmusik noch heute in Gebrauch ist. Seine Musik erinnert stilistisch an die von Felix Mendelssohn-Bartholdy, mit dem er befreundet war. Die drei Sätze seiner „Sonatine für Oboe und Klavier“ waren gefällig, präsentierte das Duo sie doch mit einem genussvollen Stimmungs- und Gemütsreigen.
Da Frédéric Chopin die ersten 20 Jahre in Warschau lebte und die verbleibenden 19 Jahre in Paris, gehört er gleichermaßen zur polnischen wie zur französischen Kulturgeschichte. Weder von Liebesnächten noch Heimatsehnsucht war in dem „c-Moll-Nocturne“, das Johannes Freiburg zum Besten gab, die Rede. Eher einer Heldenklage gleich, steigerte sich der Mittelsatz zum heroischen Hymnus.
Pierre de Brèville, von dem bis dato noch wirklich niemand gehört hatte, entdeckte die Vorliebe für Kammermusik erst 1915. Bei den Bayreuther Festspielen lernte er César Franck kennen, dessen Schüler er bis zu seinem Tod blieb. Pierre de Brèvilles Sonaten für Violine, Viola, Cello, Oboe und Klavier können mit denen seiner zeitgenössischen Komponisten wie beispielsweise Francis Paulenc durchaus mithalten, so Yvonne Schabarum, die auch moderierte und wertvolle Informationen über Hintergründe der Werke zu erzählen wusste. Das Duo gab der „Sonatine pour Hautbois et Piano“ eine eigene Farbe und arbeitete das individuelle Profil der drei Sätze mit viel Gespür heraus.

Nach einer Erholungspause ging es mit Opernkomponist Gaetano Donizetti weiter. Schabarum führte vor, was an waghalsiger Virtuosität möglich ist. Als Zauberin auf der Oboe fungierte sie in der Fantasie und den Variationen über ein Thema aus dem Freischütz von Johann Evangelist Brandl, deutscher Komponist und Geiger. Frappierende Technik, unerschöpflicher Atem und tänzerischer Körpereinsatz gehörten dazu. Der zweite Satz gilt als fast unspielbar und wird von den meisten Pianisten gehasst. Freiburg war zu jeder Zeit ein exzellenter instrumentaler Partner und den technischen Finessen seiner Partituren gewachsen. Seine „Mondschein-Sonate“ von Ludwig van Beethoven mit ihrem idyllischen Gehalt war ein fulminanter Höhepunkt an diesem Abend.
Fulminant war auch „Morceau de Salon“ des fast vergessenen Joahnn Wenzel Kalliwodas, tschechischer Komponist, Kapellmeister und Komponist, der über 500 Werke hinterlassen hat. Er hatte eine Anstellung am Hof von Donaueschingen und gilt als Begründer des „Donaueschinger Festivals“, wo schon Robert und Clara Schumann sowie Franz Liszt spielten. Dieses Werk aus der frühromantischen Epoche war ein sehr populäres Stück. Es wurde damals überall gespielt, am Hof, in Kneipen und in Bars, denn es versprühte Witz und Charme. Seine temperamentvollen Melodien waren mitreißend, während die langsamen Teile innig und emotional komponiert waren. Es war gerade ein Paradestück für Yvonne Schabarum  und Johannes Freiburg, die den melodischen Erfindungsreichtum Kalliwodas virtuos und unterhaltsam interpretierten.
Als Zugabe wiederholte das Duo zur Freude des Publikums das Lied „Wir winden dir den Jungfernkranz“ aus dem Freischütz.

 

Mit freundlicher Genehmigung aus der Stolberger Zeitung vom 24. September 2014